Trotz oder gerade wegen der Corona-Krise hat in Rhein-Neckar die Nachfrage im Wohnbereich stark zugenommen – auch im besonders begehrten Heidelberg. Mit den Anforderungen an künftige Quartiere beschäftigt sich dort die S-Immobilien Heidelberg GmbH, eine Sparkassen-Tochter.
Der Heidelberger Immobilienmarkt boomt. Und das trotz Corona. Was noch vor wenigen Monaten unmöglich schien, erklärt sich auch aus den Veränderungen, welche die Pandemie mit sich brachte.
„Die Fundamentalbedingungen des Heidelberger Immobilienmarktes sind gut“, berichtet Georg Breithecker. Der Geschäftsführer der S-Immobilien Heidelberg GmbH kennt die Marktstruktur wie seine Westentasche: „Im Jahre 2020 hat die Nachfrage im Wohnbereich stark zugenommen, sowohl im Segment Eigenbedarf als auch in der Anlageklasse Wohnimmobilien. Im gewerblichen Bereich ist die Nachfrage ebenfalls sehr hoch, wenngleich sich durch die Pandemie
einiges verschoben hat.“
Die gute Lage auf dem Immobilienmarkt spiegelt sich auch in den Geschäftszahlen der S-Immobilien Heidelberg wider, wie Breithecker erklärt: „Wir hatten 2020 fast 36 Prozent Umsatzplus mit einem Objektvolumen von knapp 182 Millionen Euro gegenüber 125 Millionen Euro im Jahr 2019. Diese Steigerung ging über fast alle Bereiche. Ein klarer Schwerpunkt lag im Bereich Investment und Gewerbe.“ Dieser Erfolg basiert auch auf den Projekten der S-Immobilien: Die Flächen im Kopernikusquartier der Heidelberger Bahnstadt sind bereits zum größten Teil vermarktet und die Entwicklung des Heidelberg Innovation Park geht kräftig voran. Hinzu treten Planungen für das Flächenangebot auf dem Gebiet der Bahnstadt zwischen Bauhaus und LUXOR-Filmpalast.
Den oft befürchteten Kahlschlag der Büroflächen kann Georg Breithecker nicht bestätigen: „Ich sehe in diesem Segment keine disruptiven Entwicklungen. Die Pandemie gab dem Homeoffice zwar einen Riesenschub. Allerdings rechne ich nicht damit, dass die Homeoffice-Quote zukünftig bei über 25 Prozent liegt. Viele Mitarbeiter sind mittlerweile froh, wenn sie wieder in ihr Büro dürfen.“ Die Räumlichkeiten müssten jedoch nach Ansicht des Immobilienfachmanns jetzt anders gestaltet werden: „Der Trend geht aktuell weg von den offenen Bürowelten. Projektentwickler sollten bei Neubauten auf einen hohen Grad an Flexibilität achten, um rasch auch kleinteiligere Strukturen realisieren zu können.“
Generell steige das Angebot neuer Büroflächen in Heidelberg stark, wie Breithecker berichtet: 2020 habe die Bürofläche um 44 000 Quadratmeter zugenommen, 2021 würden es wohl wieder knapp 40 000 Quadratmeter sein und 2022-2024 seien dann etwa 100 000 Quadratmeter zusätzliche Büroflächen zu erwarten. Das sind Zahlen, die den Geschäftsführer nachdenklich stimmen: „Bei einer momentanen Heidelberger Bürofläche von 1 054 000 Quadratmetern ist das ein enormer Zuwachs von annähernd 10 Prozent, der mit einer Erhöhung der Leerstandsquoten einhergehen wird.“ Allerdings garantiere ein deutlich größeres Angebot auch, dass Anfragen besser und flexibel bedient werden können. Das sei auf absehbare Zeit im stadtnahen Wohnsegment nicht zu erwarten.
Moderate Preisentwicklung
„Die Nachfrage nach Wohnungen ist in Heidelberg weiterhin unglaublich hoch. Im Grunde gleicht der Markt einem Schwamm: Jedes Angebot wird sofort aufgesogen“, skizziert Breithecker die Lage. Da ist zum einen eine große Nachfrage, die sich mit der Pandemie verstärkte und nun – begünstigt durch Homeoffice-Regelungen – bis weit in den Odenwald ausstrahlt. Zum anderen verknappte sich das Angebot, wie Breithecker berichtet: „Der Wille, eine Immobilie zu verkaufen, hat in Zeiten der Null- und Strafzinsen merklich nachgelassen. Und mit der Pandemie nahm die Mobilität der Arbeitnehmer ab. Dadurch fallen viele Verkaufsangebote weg.“ Noch sei die Preisentwicklung in Heidelberg dank der Bauprojekte in Bahn- und Südstadt moderat. In Mannheim habe es zeitweise deutlich stärkere Preissteigerungen gegeben. Mittelfristig bräuchte Heidelberg aber dringend neue Wohnflächen wie das Patrick- Henry-Village, um den Bedarf vor allem im mittleren Segment zu decken.
Ausgewogener Mix nötig
Die Zukunft sieht Breithecker in Quartieren, die eine ausgewogene Mischung aus Büro-, Handels- und Wohnflächen bieten, gut an Nah- und Fernverkehr angebunden sind und darüber hinaus eine fußläufig erreichbare, abwechslungsreiche Nahversorgung und Gastronomie, eine tragfähige Kita-Struktur sowie viele attraktive Gemeinschaftsflächen aufweisen. Breithecker ist sich sicher: „Gegenüber so gestalteten zentralen Lagen wie Bahnstadt und Heidelberg Innovation Park werden es klassische Gewerbegebiete schwerer haben.“
Bedeutende Änderungen gibt es auch beim Thema Nachhaltigkeit: „Der Faktor Nachhaltigkeit spielt neben Lage, Mieterstruktur, Qualität und Flexibilität bei Investmententscheidungen eine zunehmende Rolle“, weiß Breithecker. Es reiche nicht mehr aus, bei den Projektplanungen auf eine entsprechende Dämmung, Photovoltaik oder die richtige Heizung zu achten. Ein Projekt müsse heute die deutlich ausgeweiteten Qualitätsprofile nach den ESG (Environmental Social Governance)-Kriterien erfüllen, damit es für ein Engagement der großen Investmentgesellschaften in Frage käme. Das reiche von der Auswahl der Baustoffe im Sinne der Kreislaufwirtschaft bis zu sozialen Aspekten.
An Nachfrage werde es aber auf absehbare Zeit nicht mangeln, da ist sich der Geschäftsführer sicher: „Wir haben in Heidelberg den Bereich Medizintechnik, wir haben Biotech und wir haben viele agile IT-Unternehmen. Das sind alles Wachstumsbranchen, die auch auf mittlere Sicht großen Flächenbedarf haben.“ Gute Aussichten für den Immobilienmarkt also.
Quelle: Stefan Burkhardt, econo (Hrsg.), Ausgabe 02/2021 – 14.05.2021